Bürgermeister Sluyterman griff in der letzten Sitzung auf üble Verfahrensweisen zurück und versuchte Ratsmitglieder, die nicht seine Auffassung vertraten, mit fragwürdigen Methoden auszubremsen. Hier zunächst unser Antrag zur Geschäftsordnung, der in der September-Sitzung behandelt wurde:
„Jedem Mitglied des Stadtrats wird durch die Stadtverwaltung Auskunft erteilt und Einsicht in die Akten gewährt. Um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen, sind der Tagesordnung die in der Verwaltung vorliegenden entscheidungserheblichen bzw. sitzungsrelevanten Unterlagen beizufügen.“
Nicht zuletzt aufgrund einer geänderten Rechtsauffassung des Innenministeriums sollte endlich erreicht werden, allen Mitgliedern – und nicht nur denen mit Sonderstatus – das Recht auf Einsicht in die Akten der Stadtverwaltung zu gewähren. Aber es kam anders. Nur die 5 Ratsmitglieder der Alternativen Liste stimmten für das generelle Einsichtsrecht. Alle anwesenden Mitglieder der anderen drei Fraktionen stimmten dagegen. Dabei waren wir schon einmal weiter. Im Februar 2012, als wir die Informationsfreiheit nicht nur für Ratsmitglieder, sondern auch für alle Schongauer Bürger einführen wollten, stimmten immerhin 11 Ratsmitglieder für eine Informationsfreiheitssatzung, 12 waren dagegen. Jetzt wollten nicht einmal mehr die Mitglieder aus SPD und UWV, die damals mit uns gestimmt haben, das Recht auf Einsicht in die Akten der Stadtverwaltung für sich in Anspruch nehmen. Dieser Sinneswandel ist nicht nachvollziehbar.
Was sich künftig ändern muss
Diese Sitzung hat gezeigt, dass wir wieder in die alten Muster von anno dazumal zurückfallen. Als einzige Fraktion haben wir unseren Antrag zur Geschäftsordnung schriftlich formuliert und termingerecht vorgelegt. SPD und CSU haben nichts vorgelegt. Die Stadträte Dr. Zeller (SPD) und Eberle (CSU) durften dennoch ihre Vorschläge mündlich vorbringen und brauchten sich offensichtlich um Schriftform und Abgabetermin nicht zu kümmern. Unser Antrag wurde zwar in der Tagesordnung erwähnt, aber inhaltlich nicht konkretisiert. Das heißt: Man konnte aus der Tagesordnung nicht entnehmen, dass es um »Akteneinsicht« ging. Die Anträge der Werbegemeinschaft zum »Adventskalender« und der Arbeitsgruppe »Schongau belebt« (WLAN Hotspot) waren inhaltlich konkretisiert und als Anlage dabei. Unser Antrag zur Akteneinsicht und das an den Bürgermeister übermittelte Schreiben des Innenministeriums wurden jedoch der Tagesordnung – so wie sonst immer üblich – nicht beigelegt. Diese intransparente Verfahrensweise kann nicht toleriert werden.
Rückblick: Wie vor 20 Jahren …
Wie vor 20 Jahren müssen wir wieder die Praxis der Antragsbehandlung beanstanden. Damals habe ich trotz CSU-Herrschaft von der Rechtsaufsichtsbehörde Recht bekommen. Da heißt es schwarz auf weiß: „Auch wenn eine vollinhaltliche Wiedergabe des Antragstextes in der Tagesordnung nicht erforderlich ist, muss sich zumindest stichwortartig aus der gewählten Formulierung die Thematik erschließen lassen.“ – Wie vor 20 Jahren gibt es sie wieder, die ungleiche Behandlung der Ratsmitglieder. Dass Dr. Zeller (SPD) jederzeit ausschweifend reden und ohne Ermahnung mit unsäglichen Kommentaren („Kollege Müller will ja die ganzen Akten der Stadtverwaltung durchlesen.“) versuchen darf, einen Antrag lächerlich zu machen, ist alles andere als ein Fortschritt. Über die »Diskussionskultur« im Stadtrat schreibt auch Christoph Peters in seinem Kommentar »Nachtarbeit« (Kreisbote vom 27.09.2014) in Bezug auf die umfangreiche Tagesordnung: „Kein Wunder, dass Bürgermeister Sluyterman zuvor bei jedem längeren Statement unruhig auf seinem Stuhl hin und her gerutscht war und den Rednern teils in die Parade gefahren war.“ Das Wort »teils« ist hier das wichtigste, weil der Bürgermeister nicht bei jedem Redner unruhig wird und in die Parade fährt. Bis demnächst!
Sigi Müller