Jedes Mitglied des Stadtrates soll ein Recht zur Einsicht in die Akten der Stadtverwaltung bekommen. Das Innenministerium sieht die Aufnahme eines allgemeinen Akteneinsichtsrechts in die Geschäftsordnung nicht mehr als rechtswidrig an.
Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung: II. Stadtratsmitglieder § 3 (5)
Die Fraktion der Alternativen Liste schlägt vor, den § 3 (5) durch folgenden Wortlaut zu ersetzen:
„Jedem Mitglied des Stadtrats wird durch die Stadtverwaltung Auskunft erteilt und Einsicht in die Akten gewährt. Um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen, sind der Tagesordnung die in der Verwaltung vorliegenden sitzungsrelevanten Unterlagen beizufügen.“
Begründung:
Stadtratsmitglieder, die keinen individuellen Anspruch auf Information besitzen, geraten in eine unauflösbare Pflichten-Kollision. Einerseits sind sie zur gewissenhaften Amtsführung, zur Teilnahme an den Sitzungen und zur Abstimmung verpflichtet, wobei die Stimmenthaltung unzulässig ist. Andererseits wird ihnen verwehrt, Einsicht in die Akten der Verwaltung zu nehmen, was jedoch für eine gewissenhafte Vorbereitung erforderlich wäre. Der Hinweis auf Geheimhaltung bestimmter Sachverhalte steht dem hier beantragten Recht auf Akteneinsicht in keiner Weise entgegen und ist entbehrlich, da die Ratsmitglieder ohnehin zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (Art. 20 – Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht – Abs. 2 GO). Eine Beschränkung der Akteneinsicht auf die Aufgabenbereiche von Referenten schafft im Stadtrat nach unserer Auffassung Bevorzugte und Benachteiligte, wirkt also diskriminierend und ist somit eine Regelung mit zweierlei Maß.
Im Übrigen wird die Aufnahme des allgemeinen Akteneinsichtsrechts in die Geschäftsordnung vom Innenministerium (siehe Anhang 1) sowie von Staatsminister Joachim Herrmann (siehe Anhang 2) nicht mehr als rechtswidrig angesehen.
Anhang 1)
Bayerisches Staatsministerium des Innern
Kurzmitteilung
München, 3. Mai 2011
Betreff: Vollzug der Gemeindeordnung: Einführung eines allgemeinen Akteneinsichtsrechts für Stadtratsmitglieder durch Geschäftsordnung
Anlagen: 1 IMS vom 12.04.2011, Nr. IB1-1411,1-31, in Kopie
Plenarprotokoll 16/63 v. 15.12.2010 (Auszug)
x Kenntnisnahme (und zum Verbleib)
Schreiben vom 12.04.2011
Vollzug der Gemeindeordnung: Einführung eines allgemeinen Akteneinsichtsrechts für Stadtratsmitglieder durch Geschäftsordnung
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Sie dem von Ihnen übermittelten Plenarprotokoll 16/63 vom 15.12.2010 des Bayerischen Landtags entnehmen können, hält das Innenministerium seine bisherige Auffassung, dass durch Geschäftsordnung einzelnen Gemeinderatsmitgliedern oder Kreisräten kein generelles Akteneinsichtsrecht eingeräumt werden kann, nicht mehr aufrecht.
Die Regierung und das Landratsamt erhalten Abdruck.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wegmann
Ltd. Ministerialrat
Anhang 2)
Aus dem Plenarprotokoll 16/63 v. 15.12.2010
Susanna Tausendfreund (GRÜNE): „(…) Wir haben vor Ort immer wieder Anträge gestellt, in die Geschäftsordnung aufzunehmen, dass die einzelnen Gemeinderatsmitglieder und Kreistagsmitglieder generell Akteneinsicht bekommen können. (…) Das Innenministerium hat aber immer wieder die Auskunft gegeben, (…) diese Regelung sei rechtlich nicht zulässig.“ … Auf nochmalige Nachfrage bekommt sie dann vom Staatsminister des Innern Joachim Herrmann folgende Antwort: „Das entscheidet der Stadtrat, der Gemeinderat oder der Kreistag.“