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Keine Strabs für Schongau

Als Anfang 2017 das Landratsamt den Haushalt 2017 nur mit der Auflage genehmigte, dass die Stadt Schongau bis 1. Februar 2018 rückwirkend zum 1. Januar 2017 eine Straßenausbau-Beitragssatzung erlässt, war auch in den Reihen der Alternativen Liste Schongau eine gewisse Resignation zu spüren. Seit dem ersten Versuch, die Satzung im Jahr 1997 einzuführen und auch bei allen weiteren Abstimmungen dazu, war die ALS immer dagegen gewesen, dass die BürgerInnen mit den Kosten für die Straßen belastet werden sollen. Im Jahr 2016 hat sich der Landtag nur zu einer geringfügigen Änderung des Gesetzes entschlossen. Gleichzeitig wurde der Druck der übergeordneten Behörden auf die Städte und Gemeinden erhöht, die Strabs nun endlich einzuführen. Irgendwie sah es jetzt so aus, als ob die Mehrheit im Schongauer Stadtrat sich doch diesem Druck beugen und notgedrungen der Variante der wiederkehrenden Beiträge zustimmen würde.
Auch vom Bürgermeister und seiner Verwaltung kam die klare Aussage, dass es nun keine andere Möglichkeit mehr gebe, als die Satzung einzuführen.
Aufgrund von Gesprächen und auch der geringen Anzahl von Leserbriefen in der Zeitung waren wir der Überzeugung, dass eine Vielzahl der SchongauerInnen gar nicht wussten, was da auf sie zukam. Und nachdem es so aussah, dass kein anderer vorhatte, die Bevölkerung zu informieren, entschlossen wir uns spontan, dies zu tun – nicht nachdem die Satzung eingeführt worden ist, sondern vorher!
Wir entwarfen ein möglichst verständliches Flugblatt und teilten dies Ende August in ganz Schongau aus. Und wir luden zu einer Informationsveranstaltung ein, für die wir einen – als Strabs-Gegner bekannten – Referenten, Herrn Jürgen Jordan von der »Allianz gegen Straßenausbaubeitrag«, gewinnen konnten.
Auf dessen Rat hin besuchte Irmgard Schreiber-Buhl noch im Vorfeld der Infoveranstaltung die Starnberger Bürgermeisterin und bekam viele interessante Informationen und Anregungen von ihr. Auch den – wie sich im Nachhinein herausstellte – sehr guten Rat, einen Bürgerantrag zur Nichteinführung der Strabs zu stellen.
Wir hatten nun das Gefühl, von unserer Seite alles getan zu haben und warteten gespannt darauf, wie voll der Ballenhaussaal bei der Veranstaltung werden würde.
Und die SchongauerInnen kamen. Einige BesucherInnen mussten stehen, da keine Sitzplätze mehr zur Verfügung standen. Und sie wollten den Bürgerantrag unterschreiben. Und nicht nur das. In den folgenden Tagen meldeten sich Geschäftsinhaber, die die Unterschriftslisten auslegen, BürgerInnen, die mit den Listen sammeln gehen wollten. Eine riesige Welle kam ins Rollen. Im Laufe von drei Wochen kamen insgesamt 2222 Unterschriften zusammen und wurden im Rathaus abgegeben. Aber das war einigen noch nicht genug. Zwei Frauen organisierten das erste Mal in ihrem Leben eine Demo. Und der Marienplatz war voll. 500 Teilnehmer wurden gezählt – jeden Alters und jeglicher politischer Zugehörigkeit. Und die Menschen sprachen am Mikrofon. Auch von der Strabs bereits Betroffene aus anderen Orten meldeten sich zu Wort.
Zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass es am 6. November eine außerordentliche Bürgerversammlung zu dem Thema geben würde. Die Zeit bis dahin sollte nicht ohne weitere Aktionen vergehen. Eine Bürgerin hatte die Idee, eine Montags-Demo ins Leben zu rufen, und meldete diese auch auf ihren Namen an. Die erste fand am 23. Oktober mit nur 25 Teilnehmern statt, da der Aufruf nur per Mail erfolgte. Bei der zweiten waren es dann schon 125 Personen. Dazu kam noch unsere Aktion mit der »Roten Karte für die Strabs«, die an Abgeordnete der vier im Landtag vertretenen Parteien und an Staatssekretär Eck adressiert sind. Die 3. Montags-Demo fand vor der Bürgerversammlung direkt beim Jakob-Pfeiffer-Saal statt. Auch dieser Saal konnte den Ansturm kaum bewältigen. Ein Teil der BesucherInnen musste mit einem Stehplatz in der Eingangshalle vorlieb nehmen.
Zu unserer großen Überraschung lösten sich in der Bürgerversammlung all die Drohungen und Schwarzmalereien plötzlich in Luft auf – keine Rede mehr davon, dass ohne genehmigten Haushalt die Schule nicht weitergebaut bzw. die Gehälter nicht weiterbezahlt werden könnten usw. Einzig die Tatsache, dass dann zunächst einmal die freiwilligen Leistungen nicht mehr ausgezahlt werden könnten, blieb noch bestehen. Bürgermeister und Landrätin hatten auch eine Möglichkeit gefunden, ohne Gesichtsverlust aus der Sache herauszukommen. Das Landratsamt habe bisher nicht gewusst, dass im Jahr 2017 und nun auch noch in den Folgejahren bis 2020 gar keine Straßenbaumaßnahmen vorgesehen sind, bei denen die Satzung überhaupt angewandt werden müsste.
Zunächst ist also der Zwang der Strabs-Einführung vom Tisch. Aber Vorsicht! Das ist kein Sieg, sondern nur eine Atempause!
Wenn der Landtag die Strabs nicht abschafft oder zumindest in eine freiwillige Variante umwandelt, dann kommt das Problem unweigerlich in Kürze wieder auf uns zu. Also wiegen wir uns nicht in Sicherheit und machen mit vollem Schwung weiter.
Renate Müller

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