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ALS-Antrag zur Erhöhung der Gewerbesteuer scheitert – Mehrheit verzichtet auf Verbesserung der Einnahmen

  • Stadtrat

Unser Antrag, den Gewerbesteuerhebesatz von 340 auf 380 Prozentpunkte zu erhöhen, fand kein Mehrheit.
Die Erfolgsmeldungen, dass die Gewinne der Unternehmen steigen, manchmal in zuvor nie erreichte Höhen, reißen nicht ab. Aber bedingt durch den Unternehmensteuersenkungswahn der letzten Jahrzehnte kommt bei den Kommunen immer weniger davon an.
Wir dürfen uns auch künftig nicht darüber aufregen, wenn der Landkreis den Hebesatz für die Kreisumlage erhöhen muss, weil in den Städten und Gemeinden zu wenig für die Verbesserung der Einnahmen getan wird. Tatsache ist: Wir tun nicht, was wir tun könnten! Die kommunalen Spitzenverbänden haben in klaren Berechnungen Möglichkeiten zur Hebesatz-Erhöhung vorgelegt, wir können also – zumindest einigermaßen – gegensteuern. Aber wir tun lieber gar nichts, zumindest nicht bei der Gewerbesteuer. Denn – so scheint es – die Gewinne der großen Unternehmen dürfen nicht angetastet werden.
Weilheim hat bereits vor einigen Jahren das Richtige getan und den Gewerbesteuer-Hebesatz auf 380 Prozentpunkte erhöht. Auch in Burggen, Hohenfurch, Peißenberg, Steingaden, Bernbeuren, Wessobrunn und anderen Gemeinden im Landkreis haben die Ratsmitglieder – oft unter tatkräftiger Mitwirkung der Kämmerer – die Einnahmen aus der Gewerbesteuer erhöht.
Wenn es um höhere Steuern und Gebühren für die Bürger geht (bei Kindergärten, Grundsteuer B, Hundesteuer …), da finden sich meist satte Mehrheiten im Rat. Aber zur Steuergerechtigkeit gehört, dass man auch diejenigen beteiligt, die große Gewinne machen und im Gegensatz zu den Lohnsteuerzahlenden weitaus kreativere Steuergestaltungsmöglichkeiten haben. Der Stadtrat ist ja schließlich kein Lobby-Verein, der dafür sorgt, dass die Unternehmen geschont werden und von den erzielten Gewinnen möglichst wenig bei der Stadt ankommt. Aber eine Erhöhung der Einnahmen durch Beteiligung insbesondere der großen Konzerne ist in Schongau offenbar chancenlos.
8 Ratsmitglieder stimmten für unseren Antrag, 15 waren dagegen.
Alle Ratsmitglieder der ALS (5) unterstützten den Antrag zusammen mit den drei SPD-Ratsmitgliedern Barbara Karg, Peter Huber und Martin Schwarz, der sich in einem engagierten Redebeitrag für die Verbesserung der Einnahmen aus der Gewerbesteuer einsetzte.
Die gesamte CSU (8) und UWV (4) plus Bürgermeister Sluyterman sowie die SPD-Räte Dr. Friedrich Zeller und Stefan Konrad stimmten dagegen.

Bedenken, Ängste und „psychologische Probleme“ beherrschten die Hebesatz-Diskussion

Stadtrat Dr. Zeller (SPD) sprach sich gegen unseren Antrag aus. Er sei „kein Freund dieser Einnahme“, und netto bleibe da ohnehin „nicht viel übrig“. Er verwies hierzu u. a. auf die Aufteilung der Gewerbesteuer (Gewerbesteuerumlage und Kreisumlage). – Dazu Folgendes: Diese Aufteilung gibt es ja schon immer. Als Ex-Landrat sollte er doch wissen, dass die Städte und Gemeinden den Kreis finanzieren. Und wenn zu wenige Einnahmen aus den 34 Kreiskommunen kommen, erhöht der Kreistag den Hebesatz. Dann wird’s für Schongau noch teurer! Diesen Mechanismus hat der Ex-Landrat bei seinen Überlegungen offensichtlich total verdrängt.
Stadtrat Hild (UWV) meinte, durch die Ansiedlung von mehr Gewerbe würden sich die Steuereinnahmen verbessern. Er ignorierte damit einfach meinen detaillierten Hinweis zur geschaffenen Infrastruktur für neue Unternehmen: „Insbesondere im Schongauer Westen haben wir in den letzten 20 Jahren eine Reihe neuer Gewerbegebiete ausgewiesen, viele Betriebe angesiedelt und die Stadt muss die gesamte Infrastruktur stemmen. Der Verkehr hat extrem zugenommen – vor allem durch den LKW-Verkehr werden die Straßen enorm belastet und müssen durch unsere Steuergelder saniert werden. Bei so vielen neuen Betrieben – vor allem im Schongauer Westen – müsste die Gewerbesteuer ja nur so sprudeln, aber sie stagniert, seit Jahrzehnten!“
Stadtrat Blüml (CSU) verkündete, dass UPM noch immer keine Gewerbesteuer zahlt, und lüftete damit ein weit verbreitetes „Steuergeheimnis“. Er stellte aber in Aussicht, wenn die Abschreibungen dieses Konzerns in Schongau abgeschlossen sind, sei wieder mit Gewerbesteuer-Zahlungen an die Stadt zu rechnen. Einen Zeitpunkt oder einen konkreten Betrag nannte er allerdings nicht. Des Weiteren behauptete er, dass die kleineren Betriebe, sprich Personenunternehmen, bei einer Hebesatz-Anhebung auf 380 v. H. „psychologische Probleme“ bekämen, auch wenn da eine Verrechnungsmöglichkeit bestehe, habe dies „eine verheerende Wirkung“.
Stadtrat Paul Huber (CSU) sah niedere Hebesätze als Indiz für hohe Steuereinnahmen.
Stadtrat Schnabel (UWV) stellte die Frage: „Was braucht Schongau?“ Was wir nicht im Fokus haben sollten, sei die Frage: „Wie kommen wir an mehr Geld?“
Fazit der Diskussion: Es gab noch weitere Angst erzeugende „Totschlag-Argumente“ gegen die Anhebung des Hebesatzes seitens CSU und UWV (z.B. Standortsicherung, Firmen wandern ab, ein niederer Hebesatz lockt Firmen an usw.), aber niemand sagte, wie all die Jahre vorher, es sei „jetzt der falsche Zeitpunkt“ oder die Anhebung des Hebesatzes wäre „die größte Dummheit des Jahrhunderts“.
Da die Mehrheit aus CSU, UWV plus einem Teil der SPD zur Verbesserung der Einnahmen nichts tun wollte, konnten wir uns nur höflich für die Erstellung des Haushalts bedanken, aber der Haushaltssatzung leider nicht zustimmen.
Sigi Müller

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